Nachdem die Piste wieder auf die Asphaltstraße mündet, geht es über einen steilen Pass mit 14% Steigung in das kleine Fischerdorf Talknafjördur. Dort gibt es am Hafen einen kleinen Fischladen. Eigentlich ist es nur ein überdachter Kühlschrank in dem verschiedene Fischfilets liegen. Die Packungen sind preislich ausgezeichnet und super preiswert. Man nimmt sich was man haben will und wirft das Geld in eine Kasse.

Übernachten wollen wir in Biludalur, ebenfalls ein kleines Fischerdorf einen Fjord weiter, zu dem wir wieder eine steile Passstraße überqueren müssen. Dort gibt es einen Campingplatz mit Campingkarte. Wir treffen dort auch Reisende aus Österreich wieder, die wir bereits auf dem Schiff kennengelernt haben und verbringen gemeinsam einen feucht-fröhlichen Abend.

Am nächsten Tag fahr ich mit dem Moped noch mal die 16 Kilometer zurück nach Talknafjördur. Der Fisch den wir gestern dort gekauft haben war so sensationell gut und frisch daß wir uns Nachschub für heute Abend besorgen mussten. Es ist bisher das erste mal, außer in Reykjavik, daß wir frischen Fisch bekommen. In den Supermärkten gibt es keine Frischetheken. Weder für Fisch, Fleisch oder Käse.

Etwas außerhalb von Talknafjördur finde ich noch einen schönen Hot Pot. Er hat mehrere Becken mit unterschiedlich warmen Wasser.

Leider hab ich keine Badesachen dabei, sonst wär ich mal reingehüpft.

Wenige Kilometer nach Bilundalur geht die Straße über in eine Piste. Auf dieser holpern wir etwa 50 Kilometer weit bis zum Dynjandi Wasserfall. Nach all den vielen Wasserfällen die wir hier schon gesehen haben sollte man meinen daß es nicht mehr zu toppen ist, aber der hier ist wirklich großartig.

Die Piste endet bald an einem neuen Straßentunnel und erspart uns das Gerüttel über einen weiteren Pass.

Bald erreichen wir Flateyri. Das 260 Seelen Dorf rühmt sich die älteste Buchhandlung Islands zu besitzen. Der Laden ist wirklich sehr nett, und die Bücher werden dort nach Gewicht berechnet.

Leider gibt es nur Isländische Bücher, also kommt die Verkäuferin mit den rosa Haaren mit uns nicht ins Geschäft. Der Campingplatz in Flateyri ist nicht besonders einladend und wir beschließen noch das kurze Stück bis Isafjördur weiter zufahren. Vorher gehen wir hier aber noch Trockenfisch kaufen. Diese Isländische Spezialität gibt es in jedem noch so kleinen Supermarkt.

Auf einer Farm bei Flateyri gibt es angeblich den letzten traditionell luftgetrockneten Fisch. Im Winter werden die Filets 4-6 Wochen in überdachten Käfigen rausgehängt und dann durch eine Walze gedreht. Der Fisch aus den Supermarkt wird in Trocknungsanlagen in 2-3 Tagen getrocknet. Wir essen diese Fische schon seit ein paar Wochen. Es ist hier ein beliebter Snack und wenn man sich einmal an seinen penetranten Geruch gewöhnt hat will man gar nicht mehr drauf verzichten.

Der Fisch von der Farm hier riecht nicht und ist auch nicht ganz so hart und ledrig wie der aus dem Supermarkt.

Durch einen einspurigen, 6 Kilometer langen Straßentunnel erreichen wir schließlich Isafjördur. Ein schönes Städtchen mit guter Infrastruktur und großem Hafen.

Es ist erstaunlich viel los hier und wir sehen auch bald warum: Im Hafen liegt ein großes Kreuzfahrtschiff voller Amerikaner. In der hiesigen Brauereigaststätte kommen wir mit einigen ins Gespräch und erfahren daß diese Art zu reisen seit Juni in Island wieder möglich ist. Nur an Bord sei noch Maskenpflicht.

Wir machen noch einen Abstecher nach Bolungarvik wo wir das Freilichtmuseum Osvör anschauen wollen. Es handelt sich nur um drei Häuschen in denen das Leben das Fischer vor 100 Jahren veranschaulicht wird.

Von unserem Übernachtungsplatz am Leuchtturm sehen wir abends das Kreuzfahrtschiff in See stechen.

Am nächsten Tag sind wir noch einmal in Isafjördur und das nächste, kleinere Kreuzfahrtschiff hat bereits seine Passagiere ausgespuckt. Aber auch ein kleines altes Holzsegelschiff liegt heute im Hafen. Es ist die Dagmar Aaen. Und an Bord sehe ich sogar Arved Fuchs, traue mich aber nicht ihn anzusprechen.

Weiter geht es durch endlose Fjorde. Mitten im Nirgendwo taucht plötzlich ein 2 stöckiges Gebäude auf. Es ist das Hotel Reykjanes, das hier völlig fehl am Platz wirkt.

Es wurde auf eine sehr ergiebige heiße Quelle gebaut. Das Gebäude wirkt schon etwas heruntergekommen, die Einrichtung scheint noch aus den Siebzigern, aber es gibt einen angrenzenden Campingplatz und ein Schwimmbecken mit olympischen Ausmaßen mit 35° warmen Wasser.

Am Strand steht eine Anlage zur Salzgewinnung. Hier wird mit hilfe des kochendheißen Wassers Meerwasser verdampft. Übrig bleibt das Salz. Also eine geothermale Saline.

Überhaupt scheint es hier kein kaltes Wasser zu geben. Ulla kann am Spülbecken den Salat nicht waschen, und sogar das Wasser der Klospülung ist heiß. Aber hier riecht es wenigstens nicht nach Schwefel wie wir es von anderen Hochtemperaturgebieten kennen, wo man beim Zähneputzen die Luft anhalten muß, weil das Wasser aus dem Hahn so extrem nach faulen Eiern stinkt.

Gleich hinter dem Hotel gibt es noch die Reste des ursprünglichen Pot Pots. Leider ist er inzwischen versandet und das Wasser steht nur noch knöcheltief.

Durch weitere tief ins Land eingeschnittene Fjorde und über eine etwas trostlos wirkende Hochebene erreichen wir Drangsnes, ein kleines Dorf das für seine Hot Pots am Meer bekannt ist. Leider ist es so bekannt daß sich die Menschen dicht an dicht in den kleinen Becken drängen. Das muß man nicht wirklich haben, zumal es sicher nicht der letzte auf unserer Reise sein wird. Eigentlich wollten wir von hier aus an das Ende aller Straßen, zum Hot Pot am Ende der Welt, ins 100 Kilometer entfernte Nordurfjördur. Aber die Schlaglöcher und das Wellblech der vergangenen Pisten haben bereits die ersten Komponenten am und im Fahrzeug ihren Dienst quittieren lassen, und wir wollen uns einen 200 Kilometer weiten Umweg auf schlechter Piste nur wegen einem Hot Pot nicht antun. Wir fahren ein Stück zurück nach Holmavik. Von dort aus kann man Waltouren machen. Aber wir müssen erfahren daß die im Moment nicht da sind. Ersatzweise gehen wir in das hiesige Zauber-und Hexerei Museum. Island hat eine Vielzahl solch skurriler Museen. Es gibt ein Phallusmuseum, ein Sagenmuseum, Telefon, Hering und Schafsmuseen. Und seltsamerweise sind die auch immer gut besucht.

Hier verlassen wir die Westfjorde um die letzten 6 Wochen unseres Aufenthalts den Norden der Insel zu erkunden. Im Gegensatz zu dem was bisher gesehen haben sind die Strände hier übersäht mit Treibholz. Das kommt aus Sibirien und ist 10-12 Jahre unterwegs bis es hier angespült wird. Die Eingeborenen sammeln es dann ein und verwenden es als Baumaterial. Wir halten mal an an einem Strand um das zu fotografieren und stolpern auch gleich über die Reste eines Wals. Der Kopf ist noch nicht ganz verwehst und stinkt erbärmlich.

Immer weiter am Meer entlang erreichen wir bei Bru wieder die Ringstraße 1, die wir aber bei Blönduos wieder verlassen um auf die Halbinsel Skagi abzubiegen. Und wieder geht es auf einer Piste bis zu einer Bucht Namens Kalfshamarsvik. Dort steht ein Leuchtturm bei einer verlassenen Siedlung. Von den Häusern ist nicht mehr viel zu sehen, da sie alle aus Torf gebaut wurden, das entsprechend schnell verwittert.

Diese Siedlung wurde 1940 verlassen. Bei dem Anblick fragt man sich unweigerlich wie das Leben in so einem Maulwurfshügel gewesen sein mag. Feucht, verraucht, ohne Strom und Wasser. Also noch nicht mal 100 Jahre her daß die Menschen hier wie im Mittelalter gelebt haben.

Aber der Platz ist schön, es gibt am Parkplatz eine Toilette und wir beschließen hier zu übernachten. In der Nacht nimmt der Wind sehr stark zu, was uns durch die Lautstärke einen unruhigen Schlaf beschert. Der nächste Morgen ist zwar sehr sonnig, aber der Wind immer noch heftig und kalt.

Die Küste hier ist wunderschön mit tollen Basaltformationen.

Da das Wetter grad mal so schön ist wollen wir jetzt endlich mal Wale sehen und buchen online eine Tour bei einem Anbieter in Hauganes, einem kleinen Fischerdorf etwas nördlich von Akureyri. Dazu müssen wir etwas Strecke machen und fahren 200 Kilometer auf der Ringstraße wo man gut vorankommt. In Hauganes ist das Wetter am nächsten Tag natürlich nicht so wie der Wetterbericht es prognostiziert hatte, aber wir haben gebucht und fahren mit einem Holzkutter hinaus in den Fjord Eyjlaf. Drei Stunden dauert die Tour und tatsächlich bekommen wir Wale zu sehen.

Ok, es war jetzt nicht das was wir erwartet oder erhofft hatten, so mit Schwanzflossen neben dem Boot, aber hey: WAAALE!!

Im Hafen von Hauganes gibt es einen Fischverarbeitenden Betrieb in dem wir uns noch mal mit frischem Fisch eindecken. Der Großteil des Fangs wird aber gesalzen und getrocknet.

Im Restaurant am Hafen steht auch Haifisch auf der Karte. Den gibt es aber auch nicht frisch, sondern in der Gammelversion. Hai wird zerlegt und in einem Erdloch mehrere Monate vergammeln lassen. Die Eingeborenen nennen diese Art der Haltbarmachung „Fermentieren“. Das Resultat wird direkt so gegessen und wird mit Schnaps runtergespült. Es schmeckt wie Roquefortkäse, hat die Konsistenz von Gummibärchen und brennt etwas auf der Zunge. Wir haben es probiert und entschieden das wir es kein zweites mal haben müssen.

Was es hier in Hauganes auch gibt ist ein Hot Pot direkt am Strand. Das ist der beste in dem ich bisher war, mit unterschiedlich warmen Becken und sogar mit Dusche.

Wir umrunden von hieraus die Halbinsel Tröllaskagi. Durch tolle Landschaften gehts Richtung Norden nach Siglufjördur.

Überall hier sieht man Pferdeherden und auf vielen Farmen werden Ausritte angeboten. Wir schauen mal bei einer Farm vorbei und können auch sofort in den Sattel. Es ist im Moment so als würden alle darauf warten daß endlich mal wieder ein Tourist vorbeikommt. Das reiten auf den kleinen Pferden ist toll. Wenn man runterfällt ist es nicht so tief, aber die Tiere sind brav und es geht alles gut.

Unsere nette Führerin die unseren Ausritt begleitet erzählt uns daß 2019 etwa zwei Millionen Touristen Island besucht hätten. Dieses Jahr rechnet man mit 200 000. Also überall alles frei, keine Wartezeiten, keine Reservierungen die bereits Tage oder Wochen im voraus getätigt werden müssen.

3 Stunden sind wir im Sattel und uns Ungeübten tut alles weh. Das schreit nach einem Hot Pot zur Entspannung. Wir wählen dafür Grettislaug, aber für das kurze Vergnügen in dem heißen Becken sollen wir 16 Euro bezahlen.

Das ist uns dann doch zuviel und wir fahren nach Hofos wo es ein Schwimmbad mit Meerblick gibt.

Wir sehen uns am nächsten Tag noch ein altes Haus in Holar an. Ein Mix aus Torf und Holz, schön restauriert, das uns zeigt wie die Häuser ausgesehen haben könnten von denen wir in Kalfshamarsvik noch die Grundmauern gesehen haben.

Wir fahren ein Stück rein Richtung Hochland bis zum Ende der Asphaltstraße. Dort finden wir direkt an einem Wasserfall zufällig wieder einen Hot Pot. Ich liebe diese heißen Tümpel und teile diesen mit drei netten Badenixen.

Auf der Rückfahrt passieren wir ein kleines Fischerdorf mit einer verlassenen Heringsfabrik. Dieser für Island sehr wichtige Industriezweig ist in den 70er Jahren weggebrochen nachdem alles leergefischt war.

Ein Stück weiter finden wir einen einsamen Strandabschnitt der unser heutiger Übernachtungsplatz wird. Auch hier finden wir bei einem Spaziergang am Strand wieder Walknochen. Es sind 6 Meter lange Unterkiefer und wie sie aussehen liegen die schon recht lange hier rum.

Am nächsten Tag erreichen wir Akureyri. Es ist die größte Stadt im Norden und mit fast 20 000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Islands. Hier gibts wieder Supermärkte mit einem besseren Warenangebot und wir gehen erst mal einkaufen. In Island sind gerade Sommerferien, das Wetter ist heute mal richtig schön und entsprechend viele Eingeborene bevölkern die Cafes und Kneipen in der Innenstadt. Die Liegewiese am Freibad ist voll belegt und selbst am Hafen wagen sich einige Mutige in die kalten Fluten.

Akureyri ist ein wunderschönes Städtchen mit schönen alten Häusern und gefällt uns besser als Reykjavik.