Das Quarantänehotel in das wir nach der Ankunft einquartiert werden entpuppt sich schnell als Hochsicherheitsgefängnis. Die Flure sind Kameraüberwacht, die Fenster lassen sich nur kippen, die Aufseher tragen Vollkörper-Schutzanzüge. Kontakt zu anderen Mitinhaftierten ist nicht gestattet. Im Fernseher gibt es nur einen einzigen Sender. Das Frühstück, Mittag und Abendessen wird vor die Tür gestellt. Wir dürfen unser Zimmer nur einmal am Tag für eine Stunde verlassen. Dazu müssen wir einen Wärter anrufen, der uns die Türen im Flur öffnet. Diese sind zwar nicht abgeschlossen, aber es ist uns nicht erlaubt die Türklinken zu berühren. Wir sind am Dienstag hier angekommen. Am Donnerstagvormittag werden wir Zimmerweise von einem Wärter abgeholt. Er führt uns in eine Bar. Dort warten bereits 2 Angehörige des Roten Kreuzes um uns noch einmal auf Covid 19 zu testen. Durch einen Seiteneingang gehen wir von dort ins Freie, wo eine weitere Wärterin dafür sorgt, daß wir gleich wieder auf unser Zimmer gehen, bevor die nächsten Testpersonen kommen. Den Flur zu unserem Zimmer dürfen wir nicht betreten solange sich noch jemand Anderer darin aufhält.

Unser Quarantänehotel liegt etwas im Landesinnern am Lagarfljot See im größten  Waldgebiet Islands, dem Hallormsstadur. Im See gibt’s natürlich auch ein Ungeheuer, aber man kann es nicht sehen, da es am Grund angekettet ist. So erzählt es zumindest eine hiesige Sage.

Es ist Anfang Juni und die Vegetation beginnt jetzt erst zarte Knospen zu treiben.

Nachdem wir am Freitagmorgen unser erwartungsgemäß negatives Testergebnis bekommen haben, checken wir aus und fahren los. Island wir kommen!       Da wir jetzt ja sowieso gerade hier sind bietet sich ein Abstecher weiter ins Landesinnere an, zum Karahnjukar-Kraftwerk. Hier wurde eine Schlucht, (deren Name ich hier nicht hinschreibe, weil ihn sowieso Keiner aussprechen kann) durch eine Staumauer abgesperrt, nur zur Stromgewinnung für das größte Aluminiumwerk Europas in Reydarfjördur.  

Die Straße dorthin ist eine Sackgasse. Sie wurde extra angelegt für die Baustellenfahrzeuge zum Bau der Mauer und ist die einzige asphaltierte Straße ins Hochland. Vom See unten geht’s in steilen Serpentinen auf eine Hochebene, die etwas trostlos wirkt.

Wir lassen erst mal einen Drachen hoch um ein wenig Farbe in das Grau zu bringen.

Je weiter wir fahren um so mehr Schnee hat es. Schließlich liegt sogar noch etwas Schnee auf der Straße, aber wir kommen überall problemlos durch.

Und schließlich erreichen wir die Staumauer.

Hinter der Staumauer kann man den noch übriggebliebenen Teil der Schlucht sehen, und die ist immer noch spektakulär. Satte 200 Meter fallen die Felswände hier senkrecht ab und bilden damit die größte Schlucht Islands. Ein gigantischer Spalt in der Landschaft, immer noch 15 Kilometer lang.

Auf dem Rückweg zweigt irgendwann mal eine Piste ab nach Laugarfell. Es handelt sich um eine einsame Lodge mitten im Nirgendwo, die an einer heißen Quelle steht. Hier wollen wir übernachten, aber ein Schneefeld macht ein durchkommen mit einem Fahrzeug unmöglich. Wir lassen den Bus stehen und gehen die letzten 2 Kilometer zu Fuß dorthin.

Niemand ist da. Die Lodge ist verschlossen und wir haben die beiden Becken mit dem 42 und 38 Grad heißem Wasser ganz für uns alleine. Das Wetter ist nasskalt und das heiße Wasser kommt gerade richtig.

Der nächste Tag begrüßt uns mit blauem Himmel und Sonnenschein. Gleich nach dem Frühstück fahren wir wieder runter an den Lagarfljot See. Von der Hochebene von der wir gerade kommen stürzt hier der Hengifoss über 100 Meter senkrecht in die Tiefe. Auf der kurzen Wanderung dorthin kommen wir auch noch an dem nicht weniger beeindruckenden  Litlanesfoss vorbei.

Bevor wir unsere Reise fortsetzten müssen wir noch ein paar Dinge einkaufen und gehen dafür nach Egilsstadir, einem größeren Ort mit Tankstellen, Kneipen, Banken, Supermärkten usw. Auf dem Parkplatz des Supermarktes fällt uns schon auf daß niemand eine Maske trägt. Und tatsächlich: Ein Leben wie wir es noch vom Februar 2020 kennen. Keine Masken um einkaufen zu gehen, keine Mindestabstandsregeln, keinen Test um in eine Kneipe gehen zu können, hier gibt es im Alltag kein Corona mehr. Dafür hat sich diese Quarantäne für uns mehr als gelohnt!  

Wir machen unsere ersten Erfahrungen auf Pisten.

Unser Ziel ist Neskaupstadar, die östlichste Ansiedlung Islands. Es geht durch die Berge bis runter an die Küste. Durch die Ostfjorde und ein Tunnel bei Eskifjördur erreichen wir bald unser Ziel und gehen auf den dortigen Campingplatz. Da gerade Wochenende ist sind auch ein paar Isländer dort. Wir holen für umgerechnet 150 Euro eine Campingcard, mit der wir auf etwa 40 angeschlossenen Plätzen im ganzen Land 28 mal übernachten können.

In Neskaupstadar machen wir eine Tour entlang des Fjordes bis zu einer Grotte die am Strand von den Wellen ausgewaschen wurde.

Am Hafen wurde ein Kessel eines Dampfschiffs aufgestellt. Es ist das erste mal das ich so ein Teil in Natura sehe. Die Dimensionen sind enorm. Gute 4 Meter hoch. Den Schraubenschlüssel für die Muttern kann man wohl nicht alleine tragen!

Bei stürmischem Wetter verlassen wir nach 2 Tagen den Ort und fahren durch die Ostfjorde nach Süden. Das heißt wir umrunden Island im Uhrzeigersinn. Die Ringstraße, die Nr.1 ist bisher super ausgebaut, es gibt so gut wie keinen Verkehr und so zuckeln wir mit 70 Kmh durch die Gegend. Die Landschaft ist sicher toll, aber leider sehen wir heute wegen dem schlechten Wetter nicht besonders viel. Unterwegs sehen wir an der Küste einen kleinen Leuchtturm. Er ist das letzte Überbleibsel einer kleinen Siedlung.

(Bilder zum vergrößern anklicken)

3 Häuser stehen noch. Aber von den meisten Gebäuden sind nur noch die Grundmauern übrig. Es regnet in strömen und der Wind bläst so stark daß das Wasser von der Seite kommt. Ich nehme zum fotografieren die Unterwasserkamera mit. Das erweist sich als gute Entscheidung, den schon nach dem ersten Bild ist alles klatschnass.

Gegen Nachmittag erreichen wir den Fischerort Djupivogur und am nächsten Tag hat sich das Wetter auch wieder etwas beruhigt.

Am Hafen von Djupivogur hat ein Künstler Skulpturen aufgestellt von Eiern aller in Island beheimateten Vögel. Gleich um die Ecke steht das Haus eines weiteren Künstlers, der aus Steinen, Knochen und Treibholz alles mögliche zusammenbaut.

Etwas außerhalb des Ortes gibt es einen schönen Hot Pot. Er ist nur etwas größer als eine Badewanne und als wir hinkommen ist er leider auch schon belegt.

Es geht weiter nach Westen und kurz vor Höfn (endlich mal ein Name den man problemlos aussprechen kann) biegen wir ab an den Strand von Stokksness. Hier wurde für einen Film der niemals gedreht wurde ein ein ganzes Wikingerdorf nachgebaut. Dabei wurde sehr viel Wert auf Authentizität gelegt. Alle Gebäude wurden aus Treibholz gebaut.

(Zum vergrößern anklicken)

Die Szenerie ist gespenstisch. Es sieht aus als wäre das Dorf überfallen und geplündert worden und seitdem ist alles dem Verfall preigegeben. Zum Teil beginnen schon die Dächer einzustürzten und Eins steht schon so schief daß man sich nicht traut hineinzugehen. Wieder sind wir vollkommen alleine hier.

Richtung Strand finden wir auch noch allerhand Schönes und Kurioses.

Auch sehen wir ganz in der Nähe zum ersten mal Rentiere. Die leben hier wild und sind so scheu wie bei uns die Hirsche. Bei wieder trübem und regnerischem Wetter ist unser nächstes Ziel die Gletscherlagune Jörkulsarlon. Als wir dort ankommen sehen wir: Nichts. Da es laut Reiseführer aber als absolutes Highlight gilt das man nur bei schönem Wetter richtig sehen kann, fahren wir noch 60 Kilometer weiter zum Skaftafell Nationalpark. Dort ist ein schöner Campingplatz wo wir auch mal wieder unsere Wäsche waschen können.

Die Anlage ist riesig und man kann sich vorstellen was hier zu „normalen“ Zeiten los sein muß. Der Nationalpark ist auch eine Attraktion für Tagesausflügler die hier Busladungsweise angekarrt werden. Aber dank Corona sind nur sehr wenige Besucher da. Als wir nach 2 Tagen aus dem Fenster schauen scheint die Sonne wieder und wir machen eine Wanderung zu einem der Gletscher des Vatnajökull und zum Wasserfall Svartifoss, der sehr pittoresk über tolle Basaltsäulen in die Tiefe stürzt.

Wir sehen auch ein Schneehuhn (zumindest nehme ich mal an daß es eins ist). Auf jeden Fall machen die lustige Geräusche.

Da das Wetter also wieder schön ist fahren wir zurück zur Gletscherlagune Jörkulsarlon. Schon auf dem Weg dorthin sehen wir erst mal was wir landschaftlich alles verpasst haben. Aus vielen Tälern fließen die Gletscher des Vatnajökull ins Tal. Als wir Jörkulsarlon erreichen raubt uns die Szenerie den Atem. Ein gewaltiger Gletscher von dem ständig mit zum Teil lautem Donnern Eisstücke abbrechen, sich in einem See sammeln und dann über den mit nur 500 Meter Länge kürzesten Fluss der Erde ins Meer fließen.

In so einem Eissee wollte ich schon immer mal paddeln!

Es gibt hier sogar Seehunde, die im fischreichen Abfluss des Sees Fische fangen.

Gleich auf der anderen Straßenseite ist der Diamant Beach. Hier werden die Eisbrocken wieder angespült und liegen dann wie Edelsteine auf dem schwarzen Strand.

Das ist alles so überwältigend daß wir beschließen den ganzen Tag hier zu bleiben. Aber bevor wir ins Bett gehen gibt es erst noch zur Mitternachtssonne einen Caipirinha mit 1000 Jahre altem Gletschereis. Am nächsten Tag hat es sich auch schon wieder eingetrübt. Auf der Weiterfahrt treffen wir noch einen Isländischen Krankenwagen

Wir fahren gut 30 Kilometer durch das Schwemmland, das der Vatnajökull bei seinem letztem Ausbruch hinterlassen hat. Die Straßen und Brücken wurden hier durch das Schmelzwasser weggeschwemmt, die Ringstraße war dadurch unterbrochen.

Gleich nach dieser Wüste erreichen wir das Lavafeld Eldhraun, Überreste des vor 200 Jahren ausgebrochenen Vulkans Katla. Der Wind ist unglaublich stark, aber netterweise kommt er von hinten, so daß wir fast Spritfrei fahren.

Auf dem Weg nach Vik sehen wir uns auch noch eine Gegend mit schönen Basaltsäulen an.

Der Starkwind bläst uns weiter und so erreichen wir bei 3 Grad und Schneeregen den Ort Vik i Myrdal, die südlichste Stadt Islands.