Bei Selfoss erreichen wir wieder die Ringstraße und fahren erst mal wieder zurück Richtung Osten auf den von uns mit 5 Sternen ausgezeichneten Campingplatz Hamragadar. Die Wetterprognosen sind besser als das letzte mal als wir hier waren.

Wir wollen in eine Gegend die Pörsmörk genannt wird um dort zu wandern. Dafür ist schönes Wetter die beste Vorraussetzung. Direkt am Campingplatz ist die Haltestelle für die Shuttlebusse in dieses Tal, und wir fahren am Sonntagnachmittag dort hin. Die Asphaltstraße 249 endet bald und geht über in eine immer schlechter werdende Piste. Ständig sind kleinere und größere Bachläufe zu queren, was aber mit dem modifizierten Sprinter kein Problem ist.

Auf der Strecke kommen uns Kolonnen von Allradfahrzeugen entgegen. Als wir an der Endstation Bazar ankommen wird uns auch klar wo die alle herkommen. Ich hatte eine einsame Hütte erwartet, aber Bazar ist ein weitläufiger Campingplatz in einem lichten Waldgebiet. Jeder hat seine eigene Parzelle und man kann seinen Nachbarn durch das dichte Gebüsch nicht sehen.

Der Platz scheint bei Isländern sehr beliebt zu sein, denn als wir dort ankommen ist immer noch ziemlich viel los, aber alle sind schon im Aufbruch, die müssen ja morgen wieder arbeiten.

Wir machen eine kurze Wanderung durch das Tal und als wir wieder zurück nach Bazar kommen sind wir auch schon fast alleine. Obwohl übers Wochenende so viele Menschen hier waren, ist der Platz top sauber. Nicht mal ein Papierschnipsel liegt irgendwo rum.

Ulla fährt abends mit dem letzten Shuttle wieder zurück. Ich bleib noch eine Nacht hier und hab dafür unser kleines Zelt aufgebaut.

Nachdem den ganzen Tag über schönes Wetter war, beginnt es abends zu regnen und ich verkrieche mich in meinen Schlafsack. Am nächsten morgen kommt gegen 10 Uhr wieder die Sonne durch den Dunst und ich mache mich auf diese herrliche Gegend zu erkunden. Es gibt von Bazar aus mehrere Möglichkeiten und ich entscheide mich für ein Tal das richtig einladend aussieht.

Zuerst gibt es aber noch ein großes Infoschild, denn der Weg führt – wer hätte es gedacht – in eine Gegend mit möglichen Vulkanischen Aktivitäten. Mehrsprachig werden alle möglichen Szenarien für eine Eruption durchgespielt und was dann zu tun ist. Es werden echt gute Vorschläge gemacht, aber der Wichtigste fehlt: LAUF!

Ich gehe also Talaufwärts und was als schöne Wanderung beginnt, geht bald über in ein langsames voran tasten auf immer schlechteren Pfaden, ständig muss der Bach gequert werden und irgendwann kehre ich wieder um. Ich versuch einen neuen Weg oberhalb des gleichen Tals, was sich die bessere Variante entpuppt, denn der Weg ist gut und die Aussicht spektakulär.

Pörsmörk ist eine fantastische Gegend und ich bin froh heute noch mal hier gewesen zu sein, zumal das Wetter auch richtig schön ist. Am späten Nachmittag erreiche ich wieder Bazar, baue mein Zelt ab und fahre mit dem Shuttle zurück zum Campingplatz wo Ulla mich bereits erwartet.

Am nächsten Tag scheint immer noch die Sonne und wir starten zu einem Tagesausflug auf die Westmännerinseln. Der Hafen liegt nur 15 Autominuten entfernt und als wir ankommen liegt das Schiff auch gerade da und wir können ohne lange Wartezeit gleich übersetzen. Die Fahrt dauert nur 35 Minuten. Die Hauptinsel mit der kleinen Stadt Heimaey ist nur wenige Kilometer groß und kann zu Fuß problemlos erforscht werden.

Der Ort Heimaey wurde 1973 durch einen unerwarteten Ausbruch des Vulkans Eldfell zur Hälfte unter Lava und Ascheregen begraben und musste eiligst evakuiert werden.

Wir besteigen den Eldfell, der nicht besonders hoch ist, und laufen zum ersten mal auf Gestein das jünger ist als wir selbst.

Unterhalb des Kraters wurde 2017 ein Gebäude freigelegt das vom Ascheregen begraben wurde. Es ist heute ein Museum und ein beeindruckendes Monument über die Kräfte der Natur. Es ist so etwas wie das Pompei des Nordens.

Von hier geht es jetzt aber endlich mal nach Reykjavik, das wir ja schon 2 mal gestreift haben. Von den insgesamt nur 350.000 Isländern leben 250.000 hier in der Hauptstadt.

Ein nettes Städtchen, nichts was einem jetzt wirklich umhaut, aber man muß es mal gesehen haben und wir bleiben insgesamt 3 Tage. Inzwischen haben wir den 1.Juli, also sind wir bereits 30 Tage in Island. In dieser Zeit hat es 24 Tage geregnet und die Temperaturen sind nie über 9° Celsius herausgekommen. Aber jetzt kommt der Sommer und seit 2 Tagen tragen wir keine langen Unterhosen mehr. Bevor es nun weiter in den Norden geht kaufen wir in einem großen Supermarkt noch mal ein. Alles ist etwas günstiger und das Angebot größer als in den kleinen Ansiedlungen in denen wir bisher waren. Zwar kann man in jeder noch so kleinen Ortschaft einkaufen, und sei es es an einer Tankstelle, aber das Preisniveau für Lebensmittel liegt immer, auch hier in der Hautstadt, doppelt so hoch wie bei uns Zuhause. Bier, Wein und Spirituosen bekommt man nur in speziellen Läden, und die Preise sind astronomisch. Da wir von hier aus in ein weiteres Hochtemperaturgebiet wollen von dem aus laut unserem Reiseführer ganz Island mit Gemüse aus den dortigen Gewächshäusern versorgt wird, decken wir uns mit allem ein, außer Gemüse. Leider wird die vollmundige Anpreisung der Realität nicht ganz gerecht. Außer Karotten und unreifen Tomaten ist in der ganzen Region nichts zu bekommen. Einer der dortigen Gemüsebauern schickt uns sogar in den nächsten Supermarkt.

Etwas weiter Richtung Norden, kurz bevor wir links abbiegen auf die Halbinsel Snaefellsnes, besteigen wir noch den erloschenen Vulkan Eldberg, der hier formschön in der Landschaft steht.

Wir erreichen bald die Halbinsel Snaefellsnes und ein weiterer Tipp im Reiseführer ist Ytri-Tunga, wo man angeblich Robben sehen kann. Solche Aussagen kenn ich bereits von Frankreich, wo wir nie irgendwelche Tiere zu Gesicht bekamen, weil entweder gerade Ebbe oder Flut oder die falsche Jahreszeit war. Oder die Tiere waren tatsächlich da, aber lagen auf einer Sandbank so weit draußen, daß man sie selbst mit einem Fernglas grade so erahnen konnte. Aber nicht so hier! Eine ganze Kolonie Robben lag hier am Ufer auf den Steinen rum um sich zu sonnen, und wir konnten bis auf 10 Meter an sie herangehen ohne daß es sie gestört hätte.

Wir übernachten in der Nähe auf einem Campingplatz am Strand, der hier ausnahmsweise mal nicht schwarz ist. Am morgen lauf ich vom Platz los, weil ich noch einen Drachen steigen lassen will. Auf der Wiese am Weg leben Seeschwalben, und sofort geht ein ganzer Schwarm zum Angriff auf mich über. Ich tu es erst als angeberisches Gehabe der kleinen Vögel ab, aber dann pickt mich tatsächlich so ein Mistvieh in den Kopf. Weiteres rumgehacke kann ich verhindern indem ich den Drachen über mich halte, den die Tiere gehen immer nur auf den höchsten Punkt. Trotzdem gehe ich schnell wieder zurück, denn die scheißen mich auch noch voll.

Kurz vor dem kleinen Ort Arnastapi, der fast am Ende der Halbinsel liegt, sehen wir noch einen markanten Riss in der rechts von uns steil aufragenden Felswand. Es ist die Schlucht Raudfeldargja, nur etwa einen halben Meter breit aber gut 30 Meter hoch.

Arnastapi bietet eine Steilküste mit schönen Gesteinsformationen und einer guten touristischen Infrastruktur und es ist viel los, vielleicht auch weil grad Wochenende ist und das Wetter mitspielt.

Hier, am Ende der Halbinsel liegt der schneebedeckte Snaefells, Namensgeber der Halbinsel. Hier ließ Jules Verne seine Protagonisten durch einen Vulkanschlot zum Mittelpunkt der Erde vordringen.

Was für die Romanhelden eine lebensgefährliche Expedition war, kann heute in einer geführten Tour in den Schlot gemacht werden.

Ausgerüstet mit Helm und Taschenlampe geht es über mehrere Wendeltreppen weit in den Vulkan hinunter bis in eine große Höhle. Auch hier gibt es Stalagmiten und Stalaktiten die aber nicht durch wassergelösten Kalk, sondern durch tropfende Lava entstanden sind.

Anderst als im Roman „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ ,in dem die Teilnehmer in einer großen Steinschüssel von der Magma durch den Schlot des Stromboli wieder ins Freie befördert wurden, müssen wir uns die vielen Treppen nach oben selbst hochkämpfen.

Unser nächster Übernachtungsplatz liegt gar nicht weit weg auf einer schönen Wiese mitten in einem Lavafeld. Das hat man selbst in Island nicht so oft!

Auf der Nordseite der Halbinsel fahren wir weiter durch wunderschöne Landschaften immer am Meer entlang.

Am Strand finden wir sogar noch ein sehr fotogenes Wrack.

Die Straße 54, die um die Halbinsel herum führt und gut ausgebaut ist geht bei der Hafenstadt Stykkisholmur plötzlich in eine Piste über. Die ist stellenweise so schlecht daß wir nur im ersten Gang fahren können, und so verbringen wir die nächsten 3 Stunden damit 50 Kilometer zurückzulegen. Alles was in der Kabine hinten nicht gesichert ist landet auf dem Boden, und auch mein Handy geht dabei zu Bruch.

Zum entspannen setzen wir uns erst mal in den Hot Pot Gudrunarlaug. Der liegt grad auf dem Weg und übernachten kann man dort auch gleich.

Von hier aus geht es jetzt in die Westfjorde. Nur wenige Touristen kommen hier her, was wir am fehlenden Verkehr auch gleich selbst bemerken. Die Distanzen sind lang da man die Fjorde auf einer Seite hin und auf der anderen Seite wieder zurück muss. Dadurch fährt man schon mal 70 Kilometer, nur um auf die 10 Kilometer entfernte andere Seite zu gelangen. Aber die Landschaft ist schön, auch wenn durch das trübe Wetter die Bergspitzen nicht zu sehen sind. Die Straßen wechseln zwischen Asphalt und Schotter, was nur ein langsames Vorankommen möglich macht.

Wir fahren bis Flokulandur auf der Südseite der Westfjorde. Dort gibt es ein Hotel mit angegliedertem Campingplatz der die Campingkarte akzeptiert, eine Tankstelle und einen wunderschönen 40° warmen Hot Pot direkt am Meer.

Von hier aus ist es nicht mehr weit bis an den westlichsten Zipfel Islands, nach Latrabjarg. Die Steilküste dort ist ist der größte Vogelfelsen Europas. Millionen Vögel sollen dort brüten, hauptsächlich Möwen, Torkalken und Papageientaucher. Da das Wetter wieder mal nicht mitspielt wollen wir in Patreksfjördur erst mal noch einkaufen und dort übernachten. Laut Google Maps gibt es dort einen Supermarkt, aber ohne diesen digitalen Reiseführer wären wir glatt daran vorbei gefahren.

Dafür verkauft der Laden etwas was wir noch nie gesehen haben. Es sind Eier von den hiesigen Vögel. Wir fragen nach und erfahren daß es sich um die Eier von Torkalken handelt.

Die sind wirklich wunderschön, größer als Hühnereier und die Schale ist recht stabil. Nach dem kochen ist das Eiweiß immer noch etwas durchsichtig und beim essen auch bißfester als das Eiweiß der Hühnereier. Geschmacklich schenkt es sich nicht viel. Eier eben. Aber jetzt wollen wir auch mal die Tiere sehen die diese Eier legen und fahren am nächste Tag raus nach Latrabjarg. Das Wetter sieht vielversprechend aus, aber unterwegs zieht es immer mehr zu und wird nasser und nasser. Zudem führt der Weg dorthin 50 Kilometer weit über eine Piste und alles wird ziemlich rutschig. Aber am Ziel werden wir belohnt mit Papageientaucher die nur 50 Meter nach dem Parkplatz oberhalb der Klippen nisten.

Die Fernsicht wird getrübt durch Regen und Nebel, aber nach so einem tollen Erlebnis wird das nebensächlich. Latrabjarg ist nicht nur der westlichste Zipfel Islands, sondern laut Reiseführer auch der westlichste Zipfel Europas. Von hier aus sind es nur noch etwas mehr als 300 Kilometer bis rüber nach Grönland.

Und natürlich bekommen wir hier auch die Erzeuger unserer Frühstückseier zu sehen. Diese Tordalken sehen ein bisschen aus wie Pinguine, können aber fliegen und ich fand die sind ganz schön klein für so große Eier.

Latrabjarg ist eine Sackgasse und wir müssen den gleichen Weg wieder zurückfahren. Die Piste ist gesäumt mit äußerst fotogenem Altmetall und zwingt uns immer wieder zu einem Stop.

Als krönender Abschluß gibt´s dann ein Schiffwrack, das seit 1981 hier am Strand liegt. Es ist klasse daß hier etwas so lange rumliegen kann ohne daß es mit Graffiti vollgeschmiert wird oder dem Vandalismus zum Opfer fällt.